Nach Informationen der Deutschen Botschaft Athen findet die diesjährige Gedenkfeier auf dem Deutschen Soldatenfriedhof Maleme/Kreta am 28.05.2023 um 13.30 Uhr statt.

Nach vielen Jahren verdienstvoller Arbeit hat Oberst a.D. Steffen Rhode die Aufgabe des Leiters unseres Suchdienstes an Hauptfeldwebel a.D. Dieter Nell weitergegeben.

Kurzbericht 62. Bundesversammlung

Die 62. Bundesversammlung des BDF hat am 13./14. März 2020 in Oberwiesenthal wichtige Entscheidungen zu Struktur und Satzung des BDF getroffen. Die Landeskameradschaftsebene entfällt in Zukunft, und die Ortskameradschaften und Traditionsverbände des BDF werden direkt von der Bundesleitung informiert, betreut und unterstützt. Die Bundesleitung bittet um regen gegenseitigen Informationsaustausch und um kontinuierliches Verbindunghalten. Einzelheiten dazu im Bericht des Chefredakteurs in der aktuellen Ausgabe 2/2020 unseres Magazins „Der Deutsche Fallschirmjäger“.

Rede Präsident BDF – GL a.D. Hans-Werner Fritz – zum Fallschirmjägergedenken Altenstadt am 26. Mai 2019

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, liebe Kameraden!

Es ist erst wenige Tage her, dass ich mit einer Gruppe  von ehemaligen Fallschirmjägern der Kameradschaften Nagold und Calw mit Damen aus Mt. Cassino zurückgekommen bin. Anlass unseres Besuches waren die Gedenkveranstaltungen zum 75. Jahrestag der Schlacht um Mt. Cassino, die am 17. Januar 1944 begann und am 18. Mai 1944 mit einem Durchbruch und dem weiteren Vordringen der Alliierten auf Rom endete. Die Schlacht um Mt.Cassino war eine der blutigsten des 2. Weltkrieges – was vielen bis heute nicht bewusst ist – und war neben dem Einsatz auf Kreta sicher einer der schwersten und verlustreichsten Einsätze der deutschen Fallschirmjäger überhaupt. Insgesamt sind bei den Kämpfen um Mt.Cassino auf alliierter Seite 55.000 Tote und auf deutscher Seite 20.000 Tote zu beklagen. Nicht zu vergessen die großen Verluste auch der italienischen Bevölkerung in diesem Raum.

„Mortui Viventes Obligant“ – „Die Toten verpflichten die Lebenden“ – so lautet eine bekannte Mahnung schon aus römischer Zeit. Steht man heute auf den Soldatenfriedhöfen vor den Gräbern der Gefallenen wird der Sinn dieser Worte so klar wie je: Wir können das Geschehene nicht ungeschehen machen, aber wir haben eine Verpflichtung für das Jetzt und das Morgen. Uns selbst und den nachfolgenden Generationen gegenüber. Diese Verpflichtung kann man in zwei Schlagworten zusammenfassen, nämlich „Nie wieder!“ und „Versöhnung“!

Ich glaube, beide Gedanken, „Versöhnung“ und „Nie wieder“ sind bei allen ehemals kriegsführenden Nationen angekommen. Wir haben bei unserem Besuch neben der Gedenkveranstaltung auf dem deutschen Soldatenfriedhof – diese stand für uns natürlich im Mittelpunkt – auch an den Gedenkveranstaltungen der Briten und der Neuseeländer auf dem Commonwealth-Friedhof in Mt. Cassino  teilgenommen. In keiner der Reden, die dort gehalten wurden, war von Hass oder gar Vergeltung der Rede. Im Mittelpunkt standen immer die Trauer um die Toten beider Seiten und der Wunsch nach Frieden. Im Angesicht der Gräber und der Lebensdaten der Gefallenen wird jedem klar, dass Kriege nicht von alten Männern, sondern von den ganz jungen, teilweise noch Teenagern – wie wir heute sagen würden – gekämpft werden. Wir sprechen also von denjenigen, die seinerzeit das Leben eigentlich noch vor sich hatten und die Zukunft ihres Landes waren.

Die Leiden und die Belastungen, die diese Soldaten zu tragen hatten, gehen vermutlich über unser Vorstellungsvermögen hinaus und nur diejenigen unter uns, die selbst im Feuer gestanden haben, haben vielleicht eine Ahnung von dem, was sich in den Schlachten abgespielt hat. Wir wurden bei unserem Besuch von einem der wenigen noch lebenden „alten Adlern“ begleitet. Heute 94 Jahre alt, nahm er an den Kämpfen um Mt. Cassino als 18 Jähriger teil. Er kannte noch jeden Namen der Kameraden seiner Einheit, die in Mt. Cassino den Tod gefunden hatten, und die Umstände, unter denen sie gefallen waren: Zwei verbrannten bei lebendigen Leib in einem Heuhaufen, in dem sie eine Stellung bezogen hatten und der von einer Mörsergranate getroffen wurde. Vier stürzten mit ihrem Gefechtsfahrzeug in eine Schlucht, keiner überlebte das Unglück. Zwei wurden von einer alliierten Panzergranate zerrissen und einer – heute kaum fassbar – wurde von einem deutschen Feldwebel, der der Einheit erst wenige Tage angehörte, erschossen, weil sich der Soldat, ein Oberjäger, einem sinnlosen Befehl widersetzte. Der Tränen, die unser alter Adler vor den Gräbern seiner Kameraden vergoss, brauchte er sich wahrlich nicht zu schämen. Es war anrührend und tröstlich, als wir unseren Kameraden mit drei britischen „alten Adlern“ – sie waren zwischen 94 und 96 Jahre alt – bei der britischen Gedenkfeier bekanntmachen konnten.

Die alten Herren sprachen freundlich und respektvoll miteinander, von Groll oder Ablehnung keine Spur. Nach meinem Eindruck hatten alle ihren Frieden gefunden.

Die Tatsache, dass die deutschen Soldaten und unter ihnen die Fallschirmjäger,  in einem Krieg ihr Leben ließen, der zu diesem Zeitpunkt längst verloren war und der – noch viel schwerwiegender – von einem verbrecherischen Regime für einen verbrecherischen Zweck geführt wurde, ändert nichts daran, dass der Gefechtswert und die Kampfmoral insbesondere der Fallschirmjäger sehr hoch waren. Eigentlich eine Tragik in sich! Ich sprach bei der Gedenkfeier der Neuseeländer mit einem älteren Herrn, dessen Vater in Mt. Cassino gefallen war. Der sagte zu mir: “Warum musstet ihr Deutschen so tapfer kämpfen? Was wäre uns und Euch erspart geblieben?“ Er sagte dies nicht vorwurfsvoll, sondern traurig.

Wer könnte den Gefechtswert der Fallschirmjäger in den damaligen Kämpfen  besser beurteilen als die ehemaligen Alliierten!? Ein Zitat aus einem Bericht vom 22.März 1944 des damaligen britischen Oberbefehlshabers in Mt. Cassino, General Alexander, an den Chef des Generalstabes des britischen Empires, Feldmarschall Alanbrook, belegt das mehr als deutlich. General Alexander schrieb über die deutschen Fallschirmjäger: „Unglücklicherweise kämpfen wir gegen die besten Soldaten der Welt. Was für Männer! Sie hätten das Luftbombardement Cassinos und dann das (….) Trommelfeuer des größten Teils von 800 Geschützen sehen sollen und wie dann den Neuseeländern als sie zum Angriff antraten, ein Haufe die Stirn bot – nein kein Haufe, sondern was von diesen wilden Tieren übriggeblieben war. Ich sprach nachher mit mehreren von ihnen – treffliche, kräftig aussehende Burschen, und mit gesittetem Benehmen. Ich glaube nicht, dass irgendeine andere Truppe es damit hätte aufnehmen können, außer vielleicht diese Fallschirmjungens (selbst).“ Soweit die Bewertung der Gefechtsleistungen der deutschen Fallschirmjäger durch einen britischen General.

Die Soldaten der Bundeswehr – und damit wiederum die Fallschirmjäger – stehen nun seit über 25 Jahren in Einsätzen fast rings um den Globus. Auch die Fallschirmjäger der Bundeswehr haben Verluste an Toten und Verwundeten in den Einsätzen, vor allem in Afghanistan, erlitten.

Im Gegensatz zu ihren Kameraden in der ehemaligen deutschen Wehrmacht können sie jedoch gewiss sein, Aufträge zu erhalten, die demokratisch legitimiert und kontrolliert sind und keinem Unrecht dienen. Dies immer sicherzustellen – darin liegt die besondere Verantwortung der Politik! Für die Kampfmoral der jungen Soldaten ist die Legalitäts- und Legitimitätsfrage von Einsätzen ein entscheidender Faktor! Oder einfacher ausgedrückt: Ist das, was wir tun, Recht und wird es von der Masse der Bevölkerung verstanden und mitgetragen?

Wie ihre Kameraden in der ehemaligen Wehrmacht jedoch erleben auch die Soldaten der Bundeswehr die Härten von Tod und Verwundung. Ein junger Fallschirmjäger sagte mir unter Tränen am Abend eines Gefechtstages, an dem er einen Kameraden verloren hatte: „Herr General, ich kann das gar nicht fassen: Heute Morgen haben wir noch gemeinsam gefrühstückt und heute Abend ist er tot!“ Fast wortwörtlich das Gleiche hat uns unser alter Adler in Mt. Cassino, ebenfalls unter Tränen gesagt, als er von Tod der zwei Kameraden sprach, die im Heuhaufen verbrannten: „Morgens sind wir noch gemeinsam Streife gegangen und mittags waren sie tot!“

Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass von den Soldaten, die in Afghanistan unter meinem Kommando gefallen sind, seien es Deutsche, Amerikaner oder Skandinavier, egal welche Nation, dass von diesen jungen Männern keiner sterben wollte. Sie wollten alle leben, nahmen aber die Gefahr des Todes als ständigen Begleiter tapfer auf sich. Alles oberflächliche, den Tod und die Verwundung auf dem Gefechtsfeld verherrlichende Gerede verkennt – vorsätzlich oder fahrlässig – die Realitäten des Kampfes. Hier geht es um Blut, Töten und Getötet werden, Schweiß, Angst und höchste Anspannung. Faktoren, denen die Soldaten ausgesetzt sind und mit denen umzugehen sie lernen müssen.

Am Ende sind es Korpsgeist, Können und Kameradschaft, die bekannten drei „K`s“, die der Leim sind, der die Truppe zusammenhält. Ich kann Ihnen versichern, dass sich auch die heutige Generation von Fallschirmjägern – Männer wie Frauen – im Gefecht bewährt hat und sich eines ausgezeichneten Rufs –   auch bei unseren Verbündeten – erfreut.

Der Tod jedes Einzelnen von ihnen ist eine Tragödie, auch und besonders für seine Angehörigen. Wer einmal vor einer jungen Frau gestanden hat, die ihr Kind auf dem Arm hat, und der man sagen muss, dass ihr Mann nicht mehr nach Hause kommt, weiß, wovon ich rede. Ich kann nur hoffen, dass die Bevölkerung unseres Landes sich des Opfers bewusst ist, was von unseren jungen Männern und Frauen für unser aller Freiheit erbracht wird.  Vor diesem Hintergrund habe ich es sehr begrüßt, dass in Potsdam-Schwielowsee beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr der Wald der Erinnerung errichtet wurde, der unsere im Einsatz gefallenen Kameraden ehrt. (Einige Broschüren dazu habe ich am Kirchenausgang bereitgelegt. Sie können sie gern mitnehmen.)

Ich darf Sie nun bitten, mit mir der gefallenen Soldaten aller Generationen und unserer Kameraden der Fallschirmjägertruppe zu gedenken. Für diejenigen Soldaten der Bundeswehr, die zur Zeit in den Einsätzen sind, bitten wir Gott um eine gute und glückliche Heimkehr.

Ich danke Ihnen!

Gedenken an Brigadegeneral a.D. Helmut Harff

Brigadegeneral Helmut Harff ist am 8.September 2018 im Alter von 79 Jahren verstorben.

Ein langes und außergewöhnliches Soldatenleben ist damit zu Ende gegangen.

Es begann am 06.April 1959 als der 19-jährige Abiturient nach freiwilliger Meldung zur Fallschirmjägertruppe seinen Dienst als Offizieranwärter im damals in Kempten stationierten FallschirmjägerBtl 262 antrat. Auch nach seiner Ausbildung zum Fallschirmjäger-Offizier wurde er im mittlerweile nach Bergzabern verlegten FschJgBtl 262 als Zugführer, im BtlStab und als KpChef eingesetzt – auch mit dem Gewinn erster internationaler Erfahrungen durch den AMF-Auftrag dieses Bataillons. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft und anschließender Verwendung als S1-Offz der LLBrig 25 absolvierte er die Generalstabsausbildung an der Führungs-Akademie der Bundeswehr.  Eine erste Generalstabsverwendung im Grundsatzreferat für die Personalplanung des Heeres im BMVg schloß sich an; die als G1 der 1.LLDiv in Bruchsal folgte.

1980 und 1981 führte er dann sein mittlerweile nach Merzig verlegtes altes FschJgBtl 262 als Kommandeur, gefolgt von mehreren Aufgaben an der Führungsakademie der Bundewehr in Hamburg bis 1986: Zunächst als G1-Dozent und später als Tudor und Lehrgangsleiter, zwischenzeitlich unterbrochen von der Ausbildung am NATO-Defense-College in ROM. Von 1987-1990 wurde er zunächst Leiter des Vorbereitungsstabes für den Aufbau der  neuen Bundesakademie für Sicherheitspolitik und anschließend Referatsleiter des Grundsatzreferates für die Personalplanung des Heeres im Verteidigungsministerium.

Ende März 1990 übernahm er als Nachfolger von BG Fritz Eckert das Kommando über die LLBrig 26 und mit dieser, seiner alten Brigade im Juli 1993 als Kommandeur des I. Kontingents die Führung des UNOSOM-Einsatzes der Bundeswehr in Somalia.

Diese für die Bundeswehr weithin neue Aufgabe für die Bundeswehr im erweiterten Einsatzspektrum mit der damals besonders kritischen sicherheitspolitischen Bedeutung für unser Land meisterte der damalige Oberst Harff in überzeugender Weise. Von den vielen neuartigen politischen, militärischen und logistischen Herausforderungen eines Einsatzes in Afrika bis hin zum Zusammenwirken mit weithin ungewohnten Partnernationen im Rahmen der UNO. Und nicht zuletzt auch die, im Einsatz selbst aus dem aus vielen unterschiedlichen Truppenteilen zusammengewürfelten Verband eine Truppe zu formen, die reibungslos zusammenwirkte, einen besonders engen Zusammenhalt entwickelte  und ihre Aufträge in vorbildlicher Weise in diesem schwierigen Umfeld erfüllte. Die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse nach diesem Einsatz neben der UN-Ehrenmedaille und später des Ehrenkreuzes der Bundesswehr in Gold sprechen für sich selbst.

Wenige Monate nach Rückkehr von diesem Einsatz wurde BG Harff dann im April 1994 als General für Zentrale Heeresangelegenheiten und Abteilungsleiter I im Heeresamt in Köln versetzt, sicher auch mit der Absicht seine frisch gewonnenen wertvollen Einsatzerfahrungen für die Weiterentwicklung des Heeres zu nutzen.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurde Brigadegeneral Harff  – mit Ausweitung der Einsätze der Bundeswehr auf dem Balkan – 1997zunächst als Chef des Stabes der Multinationalen Division Süd in Mostar eingesetzt und 1998 dann als Stellvertretender Kommandeur des  Kommandos Luftbewegliche Kräfte/4.Div nach Regensburg versetzt, um als Nationaler Deutscher Befehlshaber im Einsatzland den deutschen Beitrag zum KFOR-Einsatz zunächst in Mazedonien vorzubereiten und dann ab Juni 1999 diesen im Kosovo zu führen.

Der „Habicht“ so nannten ihn seine Soldaten nicht nur wegen seiner hageren Statur, sondern vor allem seiner raschen unbeirrbaren Beobachtungsgabe, seinem schnellen, klaren Urteil – und der Unerbittlichkeit, mit der er Fehlern und Nachlässigkeiten begegnete. Nach unten und oben.

„Heute schon geharfft worden?“ – seine Soldaten wußten, daß er sich genau so konsequent  im Zweifelsfall auch für sie einsetzte und für sie da war.

Wir danken ihm für seine Leistungen und sein Vorbild – auch dafür, daß er sich auch  im Ruhestand für den kameradschaftlichen Zusammenhalt in unseren Bund einsetzte.  Ohne große Worte.

Wir werden ihn nicht vergessen.

Treue um Treue.

Gedenkansprache GM a.D. Bernhardt beim Fallschirmjägergedenken am 26.05.2018 in Altenstadt

Herzlichen Dank, Herr Pfarrer Beyrer, für diesen Gottesdienst.

Auch dafür, dass Sie uns mit dieser Gedenkfeier seit mittlerweile 16 Jahren hier aufgenommen und unterstützt  haben – nachdem das traditionelle jährliche  Gedenken für die Opfer der Schlacht um Kreta an unserem Ehrenmal in der Kaserne untersagt worden war. Und der Kirchengemeinde Dank dafür, dass wir auch in diesem Jahr in diesem ehrwürdigen Gotteshaus unser Gedenken durchführen dürfen. Gleichfalls unserer Altenstadt-Schongauer Fallschirmjägerkameradschaft vielen Dank für Vorbereitung und Organisation auch des diesjährigen Gedenkens sowie all denen, die dafür gesorgt haben, dass diese Tradition über all die Jahre uns erhalten geblieben ist. Und Ihnen allen herzlichen Dank  für Ihre Teilnahme, besonders den Fahnenabordnung und den Musikgruppen.

Wir gedenken mit dieser Feier der Gefallenen und Vermissten der Fallschirmtruppe der Wehrmacht sowie der Truppenteile, die zu ihr gehörten oder sie unterstützten, aber auch der gefallenen Gegner, die ihr gegenüberstanden. Wir gedenken der Gefallenen der Bundeswehr und derjenigen, die ihr Leben im Dienst für unser Land lassen mussten. Dabei besonders unseres Kameraden Hauptfeldwebel Tim KALISCH von unserer Luftlande-Schule, der am 05. Juli 2017 in Wiener-Neustadt bei der Freifall-Ausbildung tödlich verunglückte. Und wir schliessen in dieses Gedenken die Kameraden,  ihre Angehörigen und unsere Mitarbeiter ein, die uns seit dem letztjährigen Gedenken verlassen mussten.

Wir wissen alle, dass mit dem Gedenken an unsere Gefallenen und Vermissten des II. Weltkrieges immer auch das Erinnern an die Verbrechen des verantwortungslosen damaligen Regimes verbunden ist, die damals im deutschen Namen geschehen sind. Wir dürfen aber nicht den heutzutage gerne benutzten, den bequemen und billigen Weg gehen, dass wir deswegen einfach die Wehrmacht, die  Armee unsere Väter und Vorväter, pauschal, ohne Einzelbeurteilung mit dem Stempel „nicht traditionswürdig“ versehen und in den Keller der Geschichtsvergessenheit entsorgen. Schon deswegen nicht, weil die ehemaligen Soldaten der Wehrmacht, die das Glück hatten, Krieg und Gefangenschaft zu überleben, diesen unseren demokratischen Staat im Wesentlichen mit aufgebaut und unseren heutigen Wohlstand mit begründet haben. Und erst recht nicht vergessen dürfen wegen der Millionen von Opfern, die diese Soldatengeneration erbringen und erleiden musste.

Alleine die Fallschirmtruppe hatte bis Kriegsende über 60.000 Gefallene und Vermisste  zu beklagen – nahezu die Stärke unseres heutigen Heeres. Bei einer ursprünglichen Gesamtstärke der Fallschirmtruppe von 280.000 Soldaten, bedeutet dies, dass bis Kriegsende jeder 5.  Fallschirmjäger gefallen ist oder als vermisst gilt. Besonders deutlich  wird dies am Beispiel des FschJg-Regiments 2, das zeitweilig vom damaligen Oberst Kroh, dem späteren Kommandeur unserer 1.Luftlandedivision, geführt wurde. Dieses Regiment wurde seit 1941 viermal aufgerieben und musste jedes Mal im Grunde neu aufgestellt werden. Für uns ist es heute kaum nachvollziehbar, wie diese Truppe trotzdem bis in die Endphase des immer aussichtsloser werdenden Krieges ihren Kampfgeist und ihren besonders engen kameradschaftlichen Zusammenhalt bewahren konnte. Noch erstaunlicher ist, dass dieser besondere kameradschaftlichen Zusammenhalt innerhalb der Fallschirmtruppe auch über das Kriegsende und den katastrophalen Zusammenbruch von 1945  hinweg gehalten hat.

Die ehemaligen Fallschirmjäger, die jetzt allmählich aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurden und in die Trümmerwüste, die von Deutschland übrig geblieben war zurückkehrten, kümmerten sich trotz der allgemeinen Not nicht nur um das eigene Überleben, sondern auch um die Angehörigen ihrer gefallenen oder vermissten Kameraden und deren Schicksal. „Treue um Treue “, dieses 500 Jahre alte Leitwort, das schon Grundforderung für den kameradschaftlichen Zusammenhalt im Kriege war, gewann seine besondere Bedeutung im wechselseitigen kameradschaftlichen Überleben-Helfen in der schweren Nachkriegszeit. Es blieb unserer Zeit vorbehalten, dieses Leitwort für das deutsche Heer zu verbieten.

Als Beispiel für gelebte und vorgelebte“ Treue um Treue“ sei hier nur Rudi Müller erwähnt. Unser langjähriger Archivar, ehemals Oberjäger im bereits angesprochenen Fallschirmjägerregiment 2 und später nach dem Krieg Polizeikommissar in Würzburg. Er hat nicht nur über Jahre hinweg in mühsamer Kleinarbeit die Kompanielisten mit den Namen eines jeden Soldaten seines mehrfach zerschlagenen Regimentes zusammengestellt und in mühsamer Kleinarbeit vervollständigt und alle Informationen dafür um die Einsätze des Regimenter zusammengetragen, insbesondere um das definitive Schicksal seiner vermissten Kameraden zu klären. Er hat auch alle die vielen Stätten im Westen, Süden und Osten besucht, wo dieses Regiment eingesetzt war und wo gefallene Kameraden seines Regimentes liegen oder liegen könnten. Und dabei insbesondere bei diesen Fahrten nach Russland, Weißrussland und in die Ukraine zumeist einen LKW mit Hilfsgütern mitgeführt hat, um zu helfen und gleichzeitig zur Freundschaft mit dem ehemaligen Gegner beizutragen.

Der vielfältige Beitrag der alten Soldaten und nicht zuletzt der ehemaligen Fallschirmjäger zur Aussöhnung mit dem bisherigen Gegner und zur Völkerfreundschaft ist heute weithin bei uns vergessen. Aber nicht bei unseren ehemaligen Gegnern, wie es auch in diesem Jahr in diesen Tagen die wechselseitige und selbstverständlicher Teilnahme an den Gedenkveranstaltungen auf Kreta oder am  Monte Cassino zeigen. Und wir dürfen auch darüber nachdenken, dass an der Deutschen Gedenkfeier auf Kreta mittlerweile mehr Griechen als Deutsche teilnehmen.

Heute Abend landet in München vom gemeinsamen Gedenken auf Kreta kommend der 97 -jährige ehemalige Korporal der neuseeländischen Streitkräfte, Toni MADDEN. Er ist im Mai 1941 auf Kreta verwundet in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten und wurde offensichtlich gut behandelt. Er hat den Wunsch, bei den gemeinsamen Feierlichkeiten auf Kreta und jetzt bei seinem Besuch in München noch einmal einem seiner früheren Gegner die Hand zu drücken. Und – wie er sagt – auch den freundlichen Münchnern, die ihn wohl ebenfalls gut behandelt haben, als er als Kriegsgefangener dort Straßen nach den Luftangriffen reinigen musste. Deswegen hier erwähnt, weil dies daran erinnert, dass die neuseeländische Kreta – Veteranen – Union bereits Anfang der 60er Jahre beim Kampf um Kreta eingesetzte deutsche Fallschirmjäger zu ihren Ehrenmitgliedern ernannte. Eine noble Geste, aber auch Zeichen der erfolgreichen Arbeit zur Völkerverständigung, die vorher schon die alten Fallschirmjäger geleistet haben. Diese Arbeit kam auch der jungen Bundeswehr zugute.

Die längste internationale Übungsserie, die deutsch-französische COLIBRI – Übung (erstmals durchgeführt im Mai 1962, also vor 56 Jahren) geht wesentlich auch auf Kontakte zurück, die die alten deutschen Fallschirmjäger um den späteren Brigadegeneral d.R. Professor Dr. von der Heydte schon bald nach dem Krieg nach Frankreich  geknüpft hatten.

Und die schließlich – nach weiteren jahrelangen Bemühungen zunächst von Oberst Rudolf WITZIG und dann von Oberstleutnant Karl-Heinz SANDER am 28.11.1989, also vor bald 29 Jahren, zur Gründung der Union Europäischer Fallschirmjäger (UEP) führten. Hier in ALTENSTADT an unserer Luftlandeschule, wie sie für uns Alte immer noch heißt. Mit dieser UEP, nehmen die Fallschirmjäger-Vereinigungen aus mittlerweile 11 Ländern ein Stück europäische Zukunft vorweg, helfen sie gestalten und gemeinsam voranzubringen. Und die aktuelle internationale Entwicklung zeigt uns ja mehr als deutlich, dass dies notwendig ist und wir insbesondere mit unserer gemeinsamen Verteidigungsfähigkeit voran kommen müssen – und nicht weiter in immer wieder neuen Deklamationen und Papieren stecken bleiben dürfen. In den Statuten der UEP verpflichten sich die Mitgliedsverbände diese europäische Zusammenarbeit zu fördern und bekennen sich gleichzeitig zu der gemeinsamen Aufgabe, der jungen Generation „den auf Ehre und Pflichterfüllung beruhenden Geist der Fallschirmjäger zu vermitteln“.

Wir dürfen gleichzeitig aber eines nicht vergessen: Ohne den gemeinsamen Schutz von Freiheit und Sicherheit durch unser Bündnis wäre diese gemeinsame Entwicklung und wäre die längste Friedensphase in Europa, die wir in den letzten Jahrzehnten genießen konnten,  nicht möglich gewesen. Die Fallschirm – und Luftlandetruppe unserer Bundeswehr hat hier wesentlichen Anteil. Vom bewundernswert raschen Aufbau besonders leistungsfähiger Verbände in der Anfangsphase über die jahrelange Wahrnehmung des AMF – Auftrags in den kritischen Flanken der NATO bis hin zu den immer häufiger, umfangreicher und vielgestaltiger werdenden Auslandsaufträgen in immer neuen Krisengebieten der Welt. Und unsere Fallschirmjäger nehmen diese nach alter Tradition zumeist als erste, als erste Welle, wahr.

Wenn zu Recht die unzureichende Ausstattung der Bundeswehr beklagt wird, so muss man umso mehr anerkennend hervorheben, dass unsere jüngeren Kameraden trotz dieser Mängel immer wieder und immer noch alle ihre vorgegebenen Aufträge erfüllt haben. Wir dürfen dabei aber die nicht vergessen, die dabei und  über all die Jahre vorher im Dienst für uns alle ihr Leben hingeben mussten. Von den Opfern des Iller-Unglücks vor 61 Jahren über die vielen im Dienst ums Leben gekommenen Kameraden (in manchen Jahren waren dies bis zu Einhundert) bis hin zu den gefallenen Fallschirmjägern beim Karfreitags-Gefecht bei ISA KHEL in AFGHANISTAN.

Angesichts der vielen und vielfältigen Herausforderungen unserer Tage, der Krisen und instabilen Entwicklungen um uns herum, sind aber Gedenken und der Blick zurück zu wenig. Wir müssen alle daraufhin wirken, dass unsere aktiven Kameraden wirklich die Voraussetzungen erhalten, um ihre angesichts dieser Herausforderungen noch schwieriger werdenden Aufträge zu erfüllen. Und nicht immer wieder auf kommende Haushaltsjahre vertröstet und oder mit Papier-Ankündigungen hingehalten zu werden. Und wir müssen vor allem dafür sorgen, dass sie in unserer Gesellschaft die Unterstützung und Anerkennung erhalten, die sie verdienen.

Vielen Dank.